Souveränes Verhältnis zum „großen Sohn“ der Stadt aufbauen

Kurt Schilde, Oliver Hirsch, Norbert Frei und Tim Schanetzky auf dem Weg zum Podium
Kurt Schilde, Oliver Hirsch, Norbert Frei und Tim Schanetzky auf dem Weg zum Podium

Am 16. November 2009 waren die beiden Historiker Norbert Frei und Tim Schanetzky zu Gast in Kreuztal. Auf Einladung der Initiative Flick-ist-kein-Vorbild, des DGB sowie des VVN-BdA haben sie ihr neues Buch Flick – Der Konzern, die Familie, die Macht vorgestellt. Nicht so sehr die Verstrickung Friedrich Flicks in die Zeit des Nationalsozialismus und seine Rolle bei der Zwangsarbeit, sondern der Beginn seiner Karriere im Siegerland sowie der gescheiterte Versuch der Gründung einer Familiendynastie standen bei der diesjährigen Lesung im Vordergrund.

In seinem Schlusswort schilderte Tim Schanetzky dem Kreuztaler Publik seinen Blick auf die Stadt: „Ich war schon gespannt hierher zu kommen, weil ich diese ganze Diskussion und das ganze aufeinander Einschlagen – so wirkt es von außen – einer Stadt beobachtet habe und sehen wollte, wie der Abend wird. Mein Eindruck: Es ist ruhiger und besonnener geworden.“ Die politischen Vertreter, so Schanetzky, hätten mit der Umbenennung des Kreuztaler Gymnasiums eine angemessene Entscheidung getroffen. Über sie sollte man weiter nachdenken, die Debatte abzuschneiden oder abzuschließen sei der falsche Weg. Niemand in Kreuztal solle dies als das Rühren in einer Wunde empfinden, sondern als einen normalen Prozess der Emanzipation von einem Stifter, der (bzw. dessen Erben) sich inzwischen vollständig aus der Stadt verabschiedet hat. Die Kreuztaler sollten nun versuchen ein stadtbürgerlich souveräneres Verhältnis zum „großen Sohn“ der Stadt aufzubauen.

 

Das 40-Jährige Jubiläum des Städtischen Gymnasium Kreuztal, also des ehemaligen Friedrich-Flick-Gymnasiums, war vielleicht ein Anfang dafür. Allerdings kann man von der Schule ausgehend noch immer nicht klar erkennen, wie sie mit ihrer Geschichte verantwortlich umzugehen gedenkt. So kamen im Rahmen der Festveranstaltungen mit dem ehemaligen Schulleiter Günter Schweizer oder dem ehemaligen Schüler Dr. Michael Inacker erneut und ausschließlich diejenigen zu Wort, die nicht bereit sind sich von Friedrich Flick zu emanzipieren; auch ein Jubiläums-Schulfilm, der Journalisten als anonyme Angreifer sowie die „Umbenenner“ als schwarz maskierte Gestalten darstellt und welcher die Umbenennung eher lächerlich macht, wirkte befremdlich. Auf der anderen Seite zeigte eine Ausstellung zum Tag der offenen Tür der Schule (siehe Fotoserie) jedoch auch, dass man bereit ist sich der eigenen Geschichte zu stellen. Es bleibt also zu hoffen, dass Tim Schanetzky recht behält und die Stimmung in Kreuztal besonnener ist und bleibt. Die Initiative Flick-ist-kein-Vorbild jedenfalls möchte die Diskussion um Flick weiterführen und hofft darauf, dass Veranstaltungen wie die gestrige Lesung, zukünftig auch gemeinsam mit der Schule möglich sein werden.